Vier Jahre Glaskiste – natürlich unverpackt

Anlässlich unseres vierjährigen Jubiläums haben sich Lisa und Björn (die Gründer*innen der Glaskiste) mit Joven (nun seit 3 Jahren im Team) zusammengesetzt und aus dem Nähkästchen geplaudert.

Joven: 4 Jahre Glaskiste, eine ganz schön lange Zeit. Lasst uns erstmal zurückschauen. Wie seid ihr beide eigentlich damals darauf gekommen, einen Unverpackt-Laden zu gründen? Ihr seid ja eigentlich nicht vom Fach, oder?

Lisa: Ja richtig, was „business“ angeht, sind wir total fachfremd. Für das Thema Nachhaltigkeit, alternative und ökologische Denkweisen haben wir aber schon immer gebrannt.

Björn: Lisa war zu der Zeit tätig im „Alten Simon“, eine der wenigen Raucher- und Kultkneipen Freiburgs und hat in der Behindertenhilfe gearbeitet. Ich bin seit 2008 Gesundheits- und Krankenpfleger. 2015 hatte ich die Idee, einen Unverpacktladen in Freiburg zu eröffnen. Über gemeinsame Freund*innen haben Lisa und ich dann zueinander gefunden und dann ging es 2016 richtig los mit den Planungen! Am 23.12.2016, also am Tag vor Weihnachten haben wir die GmbH gegründet und im April 2017 dann eröffnet. 

Lisa: Ich hatte mein zweites Studium abgebrochen und hatte im selben Jahr eigentlich geplant, open end nach Indien zu reisen. Ich erinnere mich noch, dass ich bei den Todtnauer Wasserfällen unterwegs war und der Anruf kam – „Hast du nicht Lust beim Unverpackt-Laden dabei zu sein?“ Mein Wunsch war es schon länger, im nachhaltigen Bereich zu arbeiten, aber ich hatte bisher keine Andockstelle gefunden. Dann mitzumachen war schon eine krasse Entscheidung, weil die Planungen schon fortgeschritten waren. Aber im Nachhinein war das eine super Entscheidung und ich bin total dankbar, dass ich die so gefällt habe. 

Bild: Peter Herrmann

Joven: Und dann habt ihr die Finanzierung über Crowdfunding gestartet. Wart ihr euch von Anfang an sicher, dass die Idee „läuft“ und gut ankommt?

Björn: Genau, die Crowdfundingkampagne lief bis zum Nikolaustag 2016. Dann haben wir stundenlang (gefühlt tagelang) Gutscheine rumgeschickt. Wirklich sicher sein kann man sich ja nie, wenn man sich selbstständig macht. Ich war aber 2015 bei einem Vortrag zum Thema Mikroplastik und deren Auswirkungen auf den Körper. Der Andrang war enorm – falls doppelt so viel Menschen, wie es Plätze gab. Da dachte ich mir schon, wow, so viele potentielle Kund*innen!

Lisa: Ich hatte das Gefühl, die Resonanz in den Medien und im Freundeskreis war so durchweg positiv, so als ob alle darauf gewartet haben. Das hat mir total die Angst genommen, dass es nicht laufen könnte.

Joven: Wie lange hat die Anfangs-Euphorie der Eröffnung angehalten?

Lisa: Die Eröffnungstage und die Wochen darauf waren wirklich krass euphorisch und aufregend. Dann kam langsam Überarbeitung und Erschöpfung, vor allem körperlich. Ganz am Anfang hatten wir ja auch noch von 8 -20 Uhr geöffnet (Björn lacht im Hintergrund..) 

Björn: Wir wollten ja am 1. April aufmachen, das war auch ein bisschen gepushed von mir. Eigentlich war noch super viel zu tun. Aber wir hatten auch ein großes Freund*innennetzwerk, das uns unterstützt hat. Ohne die hätten wir es auch nicht geschafft. Bei der Eröffnung war dann der Trainingsmodus weg – klar, hatten wir das vorher ausprobiert. Aber dann ist da plötzlich eine reale Kundschaft, die Geld bezahlt und reale Ware erhält. Die ganzen Abläufe waren noch nicht so eingespielt wie heute. Die ersten 2-3 Monate hatten wir noch kein Personal. Meine Tochter war zu dem Zeitpunkt anderthalb Jahre alt und als sie mal krank war, war ich komplett raus. Da setzt dann wirklich Erschöpfung ein, da wir so viel gearbeitet haben. Auf der anderen Seite haben wir zu der Zeit viel mehr Umsatz gemacht, als vermutet haben und das hat natürlich motiviert. 

Lisa: Genau, es war von Anfang an spürbar, dass der Andrang viel stärker war, als wir gedacht haben. 

Joven: Die Glaskiste ist ja irgendwie auch ein Treffpunkt im Sedanviertel geworden. 

Björn: Naja, wir sind ja nicht ein Café, aber wir sprechen ja schon eine bestimmte Zielgruppe an und da ist es natürlich wahrscheinlich, dass man Bekannte trifft. 

Lisa: Ich sehne mich auch total nach der Zeit, in der es wieder möglich ist, miteinander zu verweilen. Dieser 1:1 Kontakt fand ich immer sehr inspirierend. Von daher ist die Glaskiste schon ein Ort des Austausches. 

Joven: Ihr habt dann ja angefangen, Leute einzustellen und heute, vier Jahre später sind wir ein Team von 20 Menschen und sind mitten im Holokratie-Prozess. Das heißt, wir möchten die klassischen Chef-Rollen abschaffen und Entscheidungen gemeinschaftlich treffen. Wie geht es euch damit, so viel Verantwortung abzugeben?

Lisa: Das ist wie mit einem Kind, das man mit jedem Schritt loslässt. Ich hatte eigentlich immer den Wunsch, ein anderes business zu führen, also nicht die typischen Verhältnisse der Chefs zu Angestellten. Aber ich wusste auch noch gar nicht, wie das funktionieren kann. Das heißt, am Anfang war das schon ein klassisches Modell, aber ich habe das immer freundschaftlich und auf Augenhöhe erlebt. Jetzt im Holokratie-Prozess bin ich dankbar, dass ich ein Teil davon sein darf und finde, es ist ein super Vorbildmodell, wie Menschen mit mehr Freude arbeiten. Die Verantwortung ist auf allen Schultern verteilt. 

Björn: Ich muss sagen, für mich war das am Anfang schwer zu akzeptieren, so viel Verantwortung abzugeben. Im anderen Laden, den ich vor 1,5 Jahren übernommen habe, bin ich ja viel mehr vor Ort und da bin letztendlich schon ich der Ansprechpartner, der im Zweifelsfall eine Ansage machen muss. 

Joven: Lasst uns nun mal in die Zukunft schauen – wo seht ihr die Glaskiste in vier Jahren? 

Lisa: Also erstmal andersherum –  wenn mich vor 2 Jahren jemand gefragt hätte, wo ich die Glaskiste in 2 Jahren sehe, hätte ich sicherlich nicht gesagt „im Lockdown und die Innenstadt ist tot“. Von daher hoffe ich natürlich primär, dass wir dann nicht mehr im Lockdown sind und die ganze Innenstadt und auch die Glaskiste sich von der Corona-Krise erholt. Ansonsten muss sich eigentlich gar nicht so viel verändern – wir haben einen tollen Laden und eine tolle Kundschaft. Ich glaube auch, dass das Thema Nachhaltigkeit aktuell bleiben wird. Für mich ist die Frage eher, wo können solche Orte noch mehr entstehen, damit noch mehr Menschen den Zugang zu plastikfreien Lebensmittel haben können. 

Björn: Was ich mir eigentlich viel zu selten vergegenwärtige ist, dass jeder Tag, der die Glaskiste geöffnet hat, ein Gewinn für die Umwelt ist. Jeden Tag vermeiden wir Verpackungsmüll in der Wertschöpfungskette. Von daher hoffe ich einfach, dass die Glaskiste in 4 Jahren noch offen hat und wir die Coronazeit gut überstehen. Und natürlich hoffe ich auch auf einen Wandel in der Wirtschaft und in der Gesellschaft. Angesichts der letzten Wahlen muss ich aber sagen, dass mich das eher pessimistisch stimmt. 

Lisa: Andererseits, Björn, in den vier Jahren in den wir nun offen haben, sind so unfassbar viele nachhaltige Unternehmen entstanden – von veganen und regionalen Ernährungsalternativen bis hin zu nachhaltigen Seifen und Brotboxen. Für mich ist es spürbar, dass sich da was bewegt. Vielleicht noch nicht genug, aber Wandel dauert immer seine Zeit. 

Björn: Das stimmt natürlich. 

Joven: Wollt ihr zum Abschluss noch etwas loswerden? 

Björn: Also ein Jubiläum ist ja immer eine gute Gelegenheit, danke zu sagen. Ohne dich, Lisa und ohne unsere Mitarbeiter*innen wäre das alles nicht möglich gewesen, genauso wie unsere Freund*innen zu Eröffnung. Natürlich hat man sich damals bedankt, aber es ist auch schön zurückzublicken und zu merken, was wir da eigentlich gerissen haben! Wir haben jetzt seit einiger Zeit auch ein sehr konstantes Team, mit dem zu arbeiten auch einfach Spaß macht. Das spricht auch für sich, wenn da eine Konstanz drin ist. 

Lisa: Da kann ich mich nur anschließen. Ein großes Dankeschön, an alle, die mitkreiert haben, die irgendwie ein Teil der Glaskiste sind. Aber natürlich auch an alle Kund*innen, die aus allen Himmelsrichtungen zu uns kommen und es auf sich nehmen, von weiter weg anzureisen, weil sie so überzeugt sind von der Idee, Plastik in ihrem Alltag zu vermeiden.  

Björn: Klar, ohne unsere Kund*innen würde es nicht gehen. Ein großes Danke daher an euch!

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